Die Spanierin

Ihr erstes Revier, freilebend, auf einem Parkplatz in Barcelona.
Ihr zweites: ein verwunschener Garten, in einem bayrischen Idyll.
Ein Kontrast, der größer nicht sein könnte. Straßenhund trifft auf Hundeliebe oder besser gesagt: Hundeliebe trifft auf Straßenhund.

Eine Freundin suchte und fand eine Hündin, ich sollte ihre Sitterin werden und begleitete sie, „die Spanierin“ vom Transport abzuholen.
Vorhergegangen war der übliche Weg: Ein Bild im Netz, eine schokobraune, mäßig gut ernährte Junghündin, struppig-stumpfes Fell, ein hinreißender Blick in die Kamera und Zack: Vollverliebung. Nach ein paar Wochen darf sie die Auffangstation in Spanien verlassen und wird nach sehr vielen Stunden Fahrt in einer kleinen Box vom Transporter heraus in die Arme der neuen Hundehalterin übergeben. Kurz noch Formalien erledigt, der Hund stapfte derweil mit mir auf der Wiese im Irgendwo herum.

Ein Reise der besonderen Art, die Landung auch, alles anders – das ist wohl für alle „Auslandshunde“ gleich: Ihre Gruppe, ihre Kumpels, die vertraute Umgebung weg, eingefangen, zeitweilig eingesperrt, ein äußerst strapaziöser (oft auch traumatisierender) Transport, um dann in den Armen eines (völlig fremden!) Menschen zu landen – ein Jetlag der anderen Art. Eigentlich wäre einem Hund nach diesem Schock nach einem stillen, ruhigen Klosterhof – nur so, zum irgendwie Hier ankommen. Aber gut, so läuft es halt nicht und zum Glück können Hunde in so einem Fall viel mehr.

Im Auto (reingehoben) war Lubi eingeschüchtert, aber kooperativ, legte sich lieb (vor allem völlig fertig), vielleicht dann auch irgendwie vertrauensvoll, auf den Rücksitz, ihren Kopf auf das Knie der neuen Kumpanin, ihrer neuen und vielleicht ersten MenschenFreundin, der Halterin und zu halten hatte sie wirklich viel.

Dann Ankommen: Zuhause war alles vorbereitet. Wir stiegen aus und Lubi sollte an der Schleppleine ihren neuen Garten erkunden. Kaum zu halten, zog sie wie verrückt, kein Pieseln, ein unruhiges Hin und Her, viel zu aufgeregt – als würde der Hund etwas suchen - mir schien es wie ein Versuchen, den „alten Platz“ (ihren Platz) wieder zu finden. Es war offensichtlich nicht gut für den Hund, also los, rein ins HAUS. Ich/wir wussten damals Vieles nicht, Lubi ging es ähnlich, sie stand vor der Treppe und konnte-/wollte nicht weiter, weigerte sich standhaft, die Stufen zu gehen. Der Hund kannte das nicht. In ein Haus gehen, in ein Haus! Endlich drin konnte sie sich partout nicht entspannen, lag wie festgetackert auf ihrem Platz, menschliche Nähe war ihr unbekannt, jeder Blick, jede Aufmerksamkeit unsererseits, wurde mit allen ihr zur Verfügung stehenden Beschwichtigungszeichen und mit Erstarren beantwortet – ohne Unsicherheit zu zeigen, machte sie - nichts. Lubi war pure Unsicherheit. Kein Wunder.

Was ich und wir aber wussten: Ruhe reinbringen ist wichtig, den Hund viel lassen und gleichzeitig aber auch sachte fordern. Hier die Balance zu finden ist nicht so einfach. Einerseits Vollverliebung, andererseits viel schlafen lassen, nicht zu viel Aufmerksamkeit (dazu zählten auch Blicke und Achtung: Aufmerksamkeit – das sind auch Gedanken!). Was gut ging für Hündin wie Halterin: regelmäßig füttern! Ein Genuss, wie begeistert die Hündin fraß. Was dagegen schwierig war: schnelle Annäherungen, sich über sie beugen, Berührung (Vollverliebung!!! Wie soll ich sie NICHT dauernd anfassen, fragte Frauchen?) Schon, aber eben wirklich aufmerksam sein, ob und wann für die Hündin Zuneigung in Bedrängnis umschlägt – schauen, was sie zulassen kann und was verunsichert. Sie kommen lassen. Beziehungsaufbau! Das bedurfte einer ordentlichen Portion Selbstreflexion und auch Zurückhaltung – sie machte das gut.

Die Spanierin, und das dürfte für viele Tierschutzhunde – und nochmal mehr für Podencos – stimmen, ist bis heute eine großartige Jägerin, sie ist extrem schnell und wirklich selbstständig und das heißt im Zusammenleben: 1. meistens Leine. Und 1.-6.: Hunde wie Lubi „brauchen“ uns erstmal NICHT, selbständig eben. Und mit dieser Tatsache sollte man sich auseinandersetzen und vielleicht auch irgendwann abfinden. Von Lubi´s Vorfahren wollte man selbständiges Jagen, Hetzen, Zutreiben. Und Hunde-Gene wegtrainieren geht nicht. Was ich damit sagen will: Machen Sie sich bewusst und vor Ihrem Entschluss für einen Auslandshund schlau: Welche Art von Hund ist da im Begriff, Ihr Herz zu erobern? Welche Vorfahren mischen da (zumindest circa) mit, wofür wurden die gezüchtet? Dann wissen Sie nämlich schon sehr viel darüber, was er oder sie Ihnen präsentieren wird.

Das FlederMausOhr sitte ich regelmäßig, sie ist meine längste Dogs to Bi Kundin und eine meiner Superheldinnen. Mittlerweile ca. elf Jahre alt, ist nach wie vor eine Meisterin im sich Unsichtbarmachen, das konnte sie von Anfang an: Auf unfassbar leisen Pfoten einen kurz verlassenen Frühstückstisch pikobello „abräumen“ – die talentierteste Diebin, die mir in über 15 Jahren als Hundesitterin untergekommen ist.

Worin sie auch Weltmeisterin ist, Wassertrinken: Das konnte die Hündin nach der langen Reise, das traute sie sich sofort. Mit einmal Ansetzen einen vollen Wassernapf leeren. Das tut sie bis heute, es könnte ja mal länger keines geben ...

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